TEACHERSUPPORT

Ziele meines Blogs: 
Ich möchte Lehrerinnen und Lehrer (und solche, die es werden wollen) bei der täglichen Arbeit im Unterricht unterstützen, damit Schülerinnen und Schüler bessere Lernergebnisse erzielen.

Meine vierzehntägigen Posts beschäftigen sich in nächster Zeit mit den Themen Feedback, Intuition im Unterricht sowie mit digitalisiertem Lehren und Lernen, insbesondere mit KI-Sprachmodellen wie ChatGPT.

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15. März 2023

Noten und ein gelegentliches „Gut gemacht“ sind keine ausreichende Rückmeldung für die Lernenden. Seit Jahrzehnten kennen wir die Unterscheidung in formatives und summatives Feedback, ohne sie hinreichend im Unterricht zu berücksichtigen. Summatives Feedback dominiert immer noch im Unterricht, während formatives Feedback nur gelegentlich genutzt wird. Letzteres ist aber besonders wichtig, denn es gibt den Schülerinnen und Schülern entscheidende Hinweise, wie sie (weiter)lernen können.

Ein Beispiel: Oft stehen ausgearbeitete Beispiele (worked examples) am Anfang einer Unterrichtseinheit. Sie sollen den Schülerinnen und Schülern verdeutlichen, wie sie vorgehen können. Damit sie das vorgegebene Beispiel nicht einfach kopieren, sollte es Gegenstand von Unterrichtsgesprächen sein. Dabei bieten sich folgende Fragen an:

  • Inwieweit ist das (ausgearbeitete) Beispiel für unser Thema relevant? Warum?
  • Welche Punkte stehen im Widerspruch zu unserer Aufgabe?
  • Welche Einzelheiten könntet ihr in veränderter Form übernehmen?
  • Was würdet ihr möglicherweise weglassen? Warum?
  • How is the example relevant to our task? Why?
  • What points are at odds with the task at hand?
  • What details would you take up and modify?
  • What would you possibly leave out? Why or why not?

(Weitere Einzelheiten finden Sie in meinen Publikationen: Feedback lernwirksam gestalten, S. 32 ff.; From Assessment to Feedback, p. 93 ff.)

31. März 2023

Wie können Schülerinnen und Schüler dazu ermuntert werden, der Lehrkraft eine Rückmeldung zu geben? Die folgenden Fragen haben sich als hilfreich erwiesen, wenn die Lernenden alternative Vorschläge für mögliche Lernziele machen sollen:

  • After the end of our teaching unit about stereotypes, what do you think could be our next learning intentions? Should we deal with friendship and love across cultures or should we read a short story that is based on stereotypes in an indirect way?
  • In our last unit we have learned how to create a poster. What can be our aims in the next weeks? Would it make sense to create a more sophisticated poster about visiting an interesting place in the United States or should we present our school to your exchange partners in the USA using an internet document?

(vgl. Feedback lernwirksam gestalten, S. 31) 

15. April 2023

In jedem Unterricht gibt es unvorhersehbare Situationen, in denen intuitives Vorgehen der Lehrperson und/oder der Schülerinnen und Schüler gefragt ist. Intuition – Daniel Kahneman spricht von schnellem Denken – ist nicht mit Instinkt oder Bauchgefühl gleichzusetzen. Überlegen Sie einmal, wann Sie zuletzt von der Unterrichtsplanung bzw. Ihrer Vorbereitung abweichen mussten, weil Sie in der fraglichen Situation, zum Beispiel wegen einer Unterrichtsstörung, keine Zeit hatten, lange zu überlegen. Die nachträgliche Reflexion, Kahnemans langsames Denken, wird Ihnen zeigen, dass Sie sich aufgrund Ihrer Erfahrung für das eine oder andere Vorgehen entschieden haben, ohne sich dessen bewusst zu sein. In meinem Buch Intuition im Unterricht. Mit unvorhersehbaren Situationen souverän umgehen, welches Mitte September 2023 im Beltz-Verlag erscheint (vgl. Amazon.de), erfahren Sie hilfreiche Einzelheiten. Vor allem gebe ich unterrichtspraktische Empfehlungen für Lehrkräfte und Lernende, die allen Beteiligten unliebsame Erfahrungen ersparen können (siehe auch meinen Beitrag in der Zeitschrift Pädagogik in einem der nächsten Hefte).

30. April 2023

Die Leistungen der neuen KI-Sprachmodelle, engl. Large Language Models (LLMs), sind höchst beeindruckend. Viele sprechen zu Recht vom Beginn einer neuen Ära. Um das festzustellen, braucht man keine exotischen Prompts wie „erstelle einen Zeichentrickfilm mit meinen Kindern in einer in Öl gemalten Welt mit sprechenden Katzen, die ein Abenteuer erleben“ (vgl. J. Lanier in einem Artikel in der Zeitschrift The New Yorker vom 20. April 2023).

ChatGPT und seine Nachfolgemodelle gehen in verschiedener Hinsicht über bisherige Tools hinaus: Zum einen bietet das System zahlreiche Anwendungen, die sich auch im Unterricht sinnvoll nutzen lassen, z. B. Beantwortung von Fragen, Erstellung von Gliederungen, Textproduktion, Zusammenfassungen, Übersetzungen sowie das Erstellen von Übungsmaterialien. Zum anderen können die User mit dem Tool schriftlich und mündlich in Gedankenaustausch treten, und zwar in einer Form, die nicht nur menschlicher Kommunikation angemessen ist, sondern sogar persönliche Eigenheiten berücksichtigt. Da die neuen Chatbots mit Hilfe einer unermesslichen Fülle von Daten trainiert werden, antworten sie auf den gleichen Prompt von einem Tag zum nächsten in abgewandelter Form. So eröffnen sich dem User gewisse Wahlmöglichkeiten. 

Natürlich sind solche Tools keineswegs vollkommen. Darauf weist OpenAI, der Hersteller des ChatGPT und zahlreicher weiterer Sprachmodelle, ausdrücklich hin. Aufgrund der zugrundeliegenden Daten kann es zu Verzerrungen und Diffamierungen bestimmter Gruppen von Menschen kommen. Deshalb sollte man alle Ergebnisse und Vorschläge von Chatbots sorgfältig überprüfen.

Aus meiner Sicht besteht das Problem für Lehrpersonen und ihre Lernenden beispielsweise darin, dass einzelne Schülerinnen und Schüler sich die Hausaufgaben oder Referate von einem Chatbot erstellen lassen. Wie man solchen Täuschungsversuchen begegnen und wie man die Tools zielführend im Unterricht nutzen kann, werde ich in zwei Publikationen (Beltz und Klett Kallmeyer) anhand von Unterrichtsbeispielen zeigen. Die weit größere Gefahr besteht darin, dass sich um Chatbots wie die GPT-Modelle völlig unangemessene Mythen ranken. KI-Sprachmodelle sind ohne Zweifel sehr leistungsfähige Tools, aber keine Kreaturen. Sie sind von Menschen gemacht und beruhen auf mathematischen Operationen. Sie werden trotz der zu erwartenden Fortschritte niemals über Intelligenz in menschlicher Ausprägung, über Bewusstsein oder über Empathie verfügen, um nur einige Eigenschaften zu nennen, die unser Menschsein ausmachen. Das muss die Begeisterung über ihre Leistungsfähigkeit nicht schmälern, im Gegenteil!   

15. Mai 2023

Bisher wurden alle KI-Sprachmodelle hauptsächlich mit englischsprachigen Daten trainiert. Das hat dazu geführt, dass viele Generierungen eine deutlich westliche Sicht beinhalten, von Verzerrungen und Diffamierungen einzelner Volksgruppen ganz zu schweigen.

Das Training mit englischsprachigen Texten hat aber auch sein Gutes, und zwar besonders für Lehrende und Lernende des Englischen als Fremdsprache. So sind beispielsweise die englischen Texte, die ChatGPT generiert, deutlich besser als Texte auf Deutsch oder Französisch. Das wird sich jetzt ändern, denn es sollen auch Texte anderer Sprachen in größerem Umfang für das Training der Sprachmodelle herangezogen werden.

In jedem Fall: Die Vorgaben in englischer Sprache sind für Schülerinnen und Schüler richtungsweisend. Bei vielen Aufgabenstellungen können sie als Beispiele zur Orientierung dienen. Das gilt für die sprachliche Form. Alle Aussagen der Tools müssen – gleichgültig in welcher Sprache – hinsichtlich ihres Inhalts gründlich überprüft werden.  

30. Mai 2023

Ein unbestreitbarer Vorteil von Sprachenmodellen wie ChapGPT besteht darin, dass sie Schülerinnen und Schülern individuelle Rückmeldungen geben. Dieses Feedback folgt unmittelbar auf den entsprechenden Input. In jedem Fall sollten Lehrpersonen ihre Schülerinnen und Schüler mit diesen Vorzügen von ChatGPT und anderer KI-Sprachmodelle vertraut machen: Die oder der Lernende gibt einen eigenen Text, eine Gliederung oder auch die Idee für eine Kurzgeschichte ein und der Bot generiert nicht nur eine inhaltliche Rückmeldung, sondern beurteilt die Leistung und gibt Ratschläge, wie Lernende ihren Text oder ihr Vorhaben verbessern können. Das setzt passende Prompts voraus, die zunächst im Unterricht vorgestellt und erprobt werden können.

15. Juni 2023

Ohne Zweifel ist es unerlässlich, Schülerinnen und Schüler mit dem sachgemäßen und sinnvollen Gebrauch von KI Sprachmodellen – nicht nur mit ChatGPT – vertraut zu machen.

Zum einen geht es darum, die Lernenden angemessen auf ihr späteres berufliches und privates Leben vorzubereiten, in dem LLMs (Large Language Models) eine herausragende Rolle spielen werden. Das zeigt die rasante Entwicklung der Tools im letzten halben Jahr, seit OpenAI eine Version von GPT, nämlich ChatGPT-3.5, kostenfrei zugänglich gemacht hat. Welche Rolle werden solche Systeme in den nächsten Jahren spielen? Wie werden sie Lebens- und Arbeitswelt in den nächsten Jahrzehnten verändern?

Zum anderen geht es um die Nutzung der Tools hier und jetzt. Lehrpersonen sollten ihren Schülerinnen und Schülern aufzeigen, wie sie die Tools (trotz mancher Mängel) sinnvoll in ihr Lernen integrieren können. Anhand spezifischer Aufgabenstellungen in den verschiedenen Fächern lernen die Schülerinnen und Schüler nach und nach die Stärken und die Schwächen solcher Systeme kennen. Mit Aufgaben und Aktivitäten, die rein repetitiv gestaltet sind, können die Lernenden die Möglichkeiten von KI Sprachmodellen nicht ausschöpfen, von der Versuchung, sich die Hausaufgabe vom Chatbot erledigen zu lassen einmal abgesehen. Vielmehr geht es darum, Schritt für Schritt das Prompting, das Erstellen von Anweisungen für KI-Systeme, anhand herausfordernder Themen zu erlernen. Haben die Schülerinnen und Schüler grundlegende Strategien und Techniken zum Umgang mit einem KI- Sprachmodell wie ChatGPT oder einem anderen Generierungs-Modell im Unterricht kennengelernt und geübt, können sie die Tools auch als Coach oder Tutor beim häuslichen Lernen nutzen.

Praxisbezogene Hinweise und Beispiele für die meisten Unterrichtsfächer verschiedener Schulformen und Jahrgangsstufen werden Sie in einer Publikation finden, die ich für den Beltz Verlag vorbereite. Speziell für den Unterricht Englisch als Fremdsprache wird etwa zeitgleich mein Buch bei Klett Kallmeyer erscheinen.

30. Juni 2023

Auf meinen Prompt hat ChatGPT Folgendes generiert:

Wann müssen sich Lehrerinnen und Lehrer im Unterricht auf ihre Intuition verlassen? Nenne Beispiele.

ChatGPT

Lehrerinnen und Lehrer müssen sich im Unterricht in verschiedenen Situationen auf ihre Intuition verlassen. Hier sind einige Beispiele:

  1. Anpassung des Unterrichts: Lehrkräfte müssen oft spontan entscheiden, wie sie den Unterricht an die Bedürfnisse und das Verständnis der Schülerinnen und Schüler anpassen. Dabei kann die Intuition helfen, die richtigen methodischen Ansätze und Materialien auszuwählen, um den Lernprozess zu unterstützen.
  2. Umgang mit individuellen Bedürfnissen: Jede Schülerin und jeder Schüler hat unterschiedliche Lernstile, Interessen und Fähigkeiten. In solchen Fällen kann die Intuition den Lehrpersonen helfen, die passenden pädagogischen Ansätze zu wählen, um den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.
  3. Einschätzung der Stimmung und des Wohlbefindens der Schülerinnen und Schüler: Lehrerinnen und Lehrer müssen oft in der Lage sein, die Stimmung und das Wohlbefinden ihrer Schülerinnen und Schüler zu erfassen. Die Intuition kann dabei helfen, nonverbale Signale oder subtile Veränderungen in der Schülerdynamik wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren, sei es durch unterstützende Gespräche oder eine Anpassung des Unterrichts.
  4. Konfliktlösung und Disziplin: Bei Konflikten oder Disziplinproblemen im Klassenzimmer kann die Intuition den Lehrkräften helfen, angemessene Lösungen zu finden. Durch das Vertrauen in ihre Intuition können Lehrerinnen und Lehrer möglicherweise besser einschätzen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um den Konflikt zu lösen und die Situation zu beruhigen.

Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass die Intuition allein nicht ausreicht, um komplexe pädagogische Entscheidungen zu treffen. Sie sollte mit pädagogischen Kenntnissen, Erfahrung und Reflexion kombiniert werden, um eine fundierte Grundlage für den Unterricht zu schaffen.

In meinem Buch Intuition im Unterricht. Mit unvorhersehbaren Situationen umgehen (es erscheint am 19. Juli 2023 bei Beltz) gebe ich zahlreiche weitere Anregungen.

Hauptgrund für diesen Blogpost:

Ich arbeite an zwei Publikationen zu KI-Sprachmodellen, und zwar zum Einsatz in jedem Unterrichtsfach auf verschiedenen Schulstufen (Beltz) sowie im Fremdsprachenunterricht Englisch (Klett Kallmeyer).

15. Juli 2023

Mit der Zeit kann jede Lehrkraft ein ihr gemäßes Verhaltensrepertoire ausbilden, auf das sie in unvorhersehbaren Situationen zurückgreifen kann. Bereits bei der Planung und der Vorbereitung des Unterrichts sollten Lehrerinnen und Lehrer entsprechende Alternativen berücksichtigen. So sieht es auch das von mir (in Anlehnung an John Hattie und andere) konzipierte MET in seiner ersten Phase vor (vgl. meine soeben erschienene Publikation: Intuition im Unterricht, S. 34 f.):

MET (Model of Effective Teaching)

Planung

1.        Auswahl von curricularen Kompetenzzielen, die an das bisher Gelernte anschließen, motivierend sind und  einen Lebensbezug haben;

2.         explizites Anknüpfen an das didaktische und lebensweltliche Vorwissen der Lernenden;

3.         gegebenenfalls Unterteilung der angestrebten Teilkompetenzen in Teilkomponenten;

4.         sorgfältige Planung von Darbietungs- und Übungsschritten; 

5.         Erarbeitung alternativer Präsentationsformen und Übungsformate.

31. Juli 2023

Wussten Sie schon, dass man mit dem Chatbot auch sprechen kann? Man teilt ChatGPT mündlich mit, was man wissen möchte bzw. welches Anliegen man hat, und man erhält eine mündliche Generierung. Die Voraussetzung ist ein Zugang über Google Chrome. Eine deutschsprachige Erläuterung zum Vorgehen finden Sie unter:

https://thewindowsclub.blog/de/talk-to-chatgpt-6-best-ways-explained/ (letzter Zugriff 31. Juli 2023)

Gutes Gelingen!