feedback

In dieser letzten Folge wird auf eine Form des Feedbacks hingewiesen, die zwar nicht im Unterricht selbst stattfindet, sich aber darauf  bezieht, nämlich die kollegiale Zusammenarbeit von Lehrpersonen desselben Faches. Die gemeinsame Erarbeitung von Unterrichtsmaterialien und vor allem gegenseitige Hospitationen im Unterricht spielen eine zunehmend wichtigere Rolle.

Da wir im deutschsprachigen Raum an diese Form der Rückmeldung nicht gewöhnt sind und viele Lehrpersonen wechselseitigen Unterrichtsbesuchen eher skeptisch gegenüberstehen, sei auf Sarah’s Teaching Channel www.teachingchannel.org/newsletters hingewiesen. Nach erfolgreicher Registrierung erhalten Sie kostenfrei einmal wöchentlich einen Newsletter mit kurzen videographierten (sowie kommentierten) Unterrichtsausschnitten. Zwar beziehen sich diese Mitschnitte auf alle Fächer von K–12 (vom Kindergarten bis zur 12. Klasse, dem letzten Jahr der High School), sind aber bei etwas gutem Willen auch auf den Unterricht bei uns übertragbar. ELL (Englisch Language Learners), also Lerngruppen, in denen Kinder und/oder Jugendliche zusammengefasst sind, die Englisch als Zweit- oder Fremdsprache lernen, werden von Zeit zu Zeit ebenfalls berücksichtigt (so z. B. im Newsletter vom 23. Mai 2015).

Nicht selten behandeln diese Videos und die Zusatzmaterialien die Kooperation von Lehrpersonen, die in den USA sehr verbreitet ist. Sie können einen Einblick gewinnen, wie man sich wechselseitig unterstützen und gemeinsam Unterricht planen kann, teils in demselben Fach teils in fächerübergreifenden Projekten. Viele Lehrpersonen haben an den Schulen auch die Möglichkeit, einen Coach in Anspruch zu nehmen, die oder der ihnen ein ganz individuelles Feedback zu ihrem Unterricht gibt.

Häufig ist davon die Rede, dass man den eigenen Unterricht nicht unvoreingenommen wahrnehmen kann und dass eine Hospitantin oder ein Hospitant objektiver sei. Das sollte man in zweierlei Hinsicht relativieren. Bekanntlich hat David Schoen in seinem Ansatz zum Reflective Practitioner schon vor Jahrzehnten darauf  hingewiesen, dass man die Reflexion nach einer Tätigkeit von derjenigen während einer Tätigkeit unterscheiden muss. Er schließt das kurze kritische Überprüfen der eigenen Ergebnisse während des Unterrichts keineswegs aus, und gibt Anregungen, wie man es erlernen kann. Dabei ist zu bedenken, dass man seine Intentionen (und die Lernenden) selbst am besten kennt und daher – eine gewisse Unvoreingenommenheit vorausgesetzt – recht gut einschätzen kann, ob man seine Ziele im Wesentlichen erreicht hat bzw. was „schiefgelaufen“ ist. Zum anderen ist eine Kollegin oder ein Kollege nur bis zu einem gewissen Grad objektiver, denn auch sie oder er hat subjektive Vorstellungen davon, welche Merkmale lernwirksamen Unterricht ausmachen und legt das eigene Kriterienraster an den Unterricht der anderen Lehrperson an.

Unterrichtsbesuche unter Fachkolleginnen und -kollegen sind dann besonders förderlich, wenn man zuvor eine Unterrichtseinheit für die gleiche Klassenstufe gemeinsam plant und bei der Durchführung des Unterrichts wechselseitig schaut, was man in der jeweiligen Lerngruppe erreicht. Nach und nach entstehen auf diese Weise Unterrichtseinheiten, die auch von anderen Kolleginnen und Kollegen des Fachbereichs genutzt werden können.

Was Schule und Unterricht angeht, so ist selbstverständlich die Lehrperson in diesem Kontext der entscheidende Faktor. Das sollte für Lehrpersonen ein Ansporn sein, die zur Einflussnahme zur Verfügung stehende Spanne im Sinne des Angebot-Nutzungs-Modell von Andreas Helmke bestmöglich zu nutzen.

Dass Lehrpersonen keineswegs für alles und jedes, was bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen nicht wunschgemäß läuft, zur Rechenschaft gezogen werden dürfen und Ihre Lehrerpersönlichkeit in der Flut von Vorgaben nicht untergraben werden sollte, fordere ich in meinem Narr-Studienbuch: Standards, Kompetenzen und fremdsprachliche Bildung, welches im Herbst 2015 erschienen ist.